Damit Kinder in ihrem späteren Leben eine Chance auf einen Beruf erhalten, brauchen sie als Grundlage eine gute schulische Bildung. Die in ganz Deutschland geltende Schulpflicht wurde 1919 in der Weimarer Verfassung eingeführt. Bereits davor gab es in mehreren Regionen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation eine eigene Unterrichts-, Bildungs- und teils eine Schulpflicht.
Worin besteht der Unterschied von Unterrichts- und Schulpflicht?
Bereits Friedrich Wilhelm der Erste – heute als Soldatenkönig bekannt – erkannte den Wert einer guten Bildung der Jugend. Ihm wurde zugetragen, dass der Nachwuchs der ländlichen Bevölkerung seines Reiches nicht lesen, schreiben und rechnen könne. Daraufhin erließ er in Preußen die erste Unterrichtspflicht.
Die Unterrichtspflicht verpflichtete die Eltern, ihren Kindern eine grundlegende Bildung angedeihen zu lassen. Das geschah zu Hause mit einem Privatlehrer. War es für Familien nicht möglich, diese Form des Unterrichts zu organisieren, sollten sie ihren Nachwuchs in eine Schule schicken.
Grundsätzlich handelt es sich bei der Unterrichtspflicht um eine Vorform der Schulpflicht. Letztere besagt, dass Kinder ab und bis zu einem bestimmten Alter die Schule besuchen müssen.
Gegenwärtig gilt die gesetzliche Schulpflicht abhängig vom Bundesland ab dem Alter von sechs oder sieben Jahren. Die Schulgesetze der Länder regeln ebenfalls, bis wann die Schulpflicht für Kinder besteht.
In der Mehrzahl der deutschen Bundesländer dauert die Vollschulpflicht an, bis Schüler ihr neuntes oder zehntes Schulbesuchsjahr abschließen. Eine Ausnahme bildet Rheinland-Pfalz mit einer Vollschulpflicht von zwölf Schulbesuchsjahren.
Die zwölfjährige Schulpflicht in Rheinland-Pfalz kann frühzeitig enden, wenn Schüler:
- eine Berufsschulausbildung abschließen
- eine mindestens zweijährige Berufsausbildung abschließen
- das zehnte Schuljahr an Gymnasium, integrierter Gesamtschule oder Realschule Plus abschließen
Ebenfalls endet die Schulpflicht frühzeitig, sofern die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion eine geeignete Ausbildung anderer Art akzeptiert.
Seit wann gilt die deutschlandweite Schulpflicht?
Wann wurde aus der Unterrichtspflicht die deutschlandweite Schulpflicht? Diese Pflicht gilt für Kinder seit dem Jahr 1919. Allerdings gab es bereits früher in mehreren deutschen Herzog- und Fürstentümern ähnliche Regelungen. Als erstes Land weltweit führte das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken 1592 eine Schulpflicht ein. Straßburg folgte sechs Jahre später.
Im 17. Jahrhundert entstand eine allgemeine Schulpflicht in drei weiteren Regionen Deutschlands:
- 1642 in Sachsen-Gotha
- 1647 in Braunschweig-Wolfenbüttel
- 1649 in Württemberg
Die Preußen setzten im Jahr 1717 eine Unterrichtspflicht durch. Diese erforderte nicht den Besuch einer staatlichen Schule. Stattdessen bestand die Chance, Kinder zu Hause zu unterrichten oder auf eine Privatschule zu schicken. Vorrangig wohlhabende preußische Familien wählten diese beiden Varianten. Dadurch besuchten hauptsächlich die Kinder der Armen die staatlichen Schulen.
Zuletzt wurden Eltern in Sachsen 1835 dazu verpflichtet, ihren Nachwuchs in eine Schule zu schicken. Die vor 1919 in deutschen Regionen und Herzogtümern eingeführten Schulpflichten galten territorial begrenzt und unterschieden sich untereinander stark.
In der Weimarer Verfassung hielt Artikel 145 die Schulpflicht fest. Er besagte: Um die allgemeine Schulpflicht zu erfüllen, müssen Eltern ihren Nachwuchs für mindestens acht Jahre an eine Volksschule schicken. Bis zur Vollendung der Volljährigkeit mussten Kinder anschließend eine Fortbildungsschule besuchen.
Welche Schulen müssen Kinder heute in Deutschland besuchen?
Abhängig vom Bundesland beginnt der Schulstart für Kinder mit sechs oder sieben Jahren. Die Einschulung gehört im Leben vieler Familien zu den einschneidenden Erlebnissen. Die künftigen Abc-Schützen erhalten zur Feier des Tages ihren Rucksack mit den Schulutensilien. Ebenso tragen sie stolz ihre mit Süßigkeiten und kleinen Geschenken gefüllte Zuckertüte.
Eine Grundschule wie die Concordiaschule in Oberhausen besuchen Kinder während der Primarstufe. In vielen Bundesländern bezeichnet diese die Zeit von der ersten bis zur vierten Klasse. Hier werden die Grundlagen des Rechnens und der deutschen Sprache, etwa durch eine frühe Rechtschreibprüfung, vermittelt. Teils deckt die Grundschulzeit den Abschluss der sechsten Klasse ab. Das gilt beispielsweise im Bundesland Brandenburg.
Nach der Grundschule beginnt für Kinder die Sekundarstufe I. In dieser besuchen sie eine weiterführende Schule. Ob ein Kind auf eine Sekundarschule oder aufs Gymnasium wechselt entscheiden:
- seine schulischen Leistungen
- die Einschätzung der Lehrer
- der Wille der Eltern
Der Sekundarstufe I folgt die Sekundarstufe II. Diese meint die gymnasiale Oberstufe von der 10. bis zur 13. Klasse in Gymnasium oder Gesamtschule. Alternativ besuchen Schüler eine berufsbildende Schule wie Berufsschulen im Landkreis Rosenheim. Die dritte Möglichkeit bilden Weiterbildungsschulen für Erwachsene.
Alle zur Auswahl stehenden Schulformen ermöglichen es den Lernenden, einen allgemeinen Schulabschluss zu erhalten. Abhängig von den erreichten Leistungen nutzen ihn die Schüler als Basis, um:
- einen Beruf zu erlernen
- eine Fachhochschule oder
- eine Universität zu besuchen
Neben dem allgemeinen Schulabschluss sind die Schulformen darauf ausgerichtet, Kindern einen bestimmten Schulabschluss zu ermöglichen. In der Hauptschule arbeiten die Schüler auf den Hauptschulabschluss hin. Auf der Realschule erhalten sie den Realschulabschluss oder die Mittlere Reife. Schließen sie das Gymnasium ab, nennt sich der daraus folgende Abschluss Abitur.
Zusätzlich zu den drei bekannten Schulformen in Deutschland existieren die integrierten Gesamtschulen.
Gilt die Schulpflicht in allen europäischen Ländern?
Nicht überall existiert eine Schulpflicht wie in Deutschland. Innerhalb Europas befinden sich mehrere Länder, in denen die Kinder lediglich einer Bildungs- und Unterrichtspflicht unterliegen. Dazu gehören:
- Dänemark
- Italien
- Irland
- Österreich
- Spanien
- Belgien
- Luxemburg
- Niederlande
Auch in Großbritannien gibt es eine Bildungs-, jedoch keine Schulpflicht. Dementsprechend können Kinder eine Schule besuchen oder ihr Wissen anhand anderer Bildungsmöglichkeiten entwickeln.